Stellarer Jungbrunnen mit turbulenter Entstehungsgeschichte im Zentrum unserer Galaxie

Stellarer Jungbrunnen mit turbulenter Entstehungsgeschichte im Zentrum unserer Galaxie



Physik-News vom 23.10.2023

Ein internationales Team hat eine unerwartet große Anzahl junger Sterne in der direkten Umgebung zu supermassivem Schwarzen Loch identifiziert und Wassereis im Zentrum der Galaxie nachgewiesen.

Ein internationales Team um Dr. Florian Peißker vom Institut für Astrophysik der Universität zu Köln hat einen jungen Sternhaufen in der direkter Umgebung des supermassiven Schwarzen Lochs SagittariusA* (SgrA*) im Zentrum unserer Galaxie im Detail analysiert und gezeigt, dass er deutlich jünger ist als erwartet. Dieser Sternhaufen, bekannt als IRS13, wurde zwar bereits vor über zwanzig Jahren entdeckt, aber erst jetzt ist es durch die Kombination verschiedenster Daten – aufgenommen mit einer Vielzahl von Teleskopen über einen Zeitraum mehrerer Dekaden – gelungen, die Sternhaufenmitglieder im Detail zu bestimmen.


Milchstraße

Publikation:


Florian Peißker, Michal Zajaček, Lauritz Thomkins et al.
The Evaporating Massive Embedded Stellar Cluster IRS 13 Close to Sgr A*. I. Detection of a Rich Population of Dusty Objects in the IRS 13 Cluster
The Astrophysical Journal, Volume 956, Number 2 (2023)

DOI: 10.3847/1538-4357/acf6b5



Die Sterne sind einige 100.000 Jahre alt und damit für stellare Verhältnisse außerordentlich jung. Zum Vergleich: unsere Sonne ist ca. 5 Milliarden Jahre alt. Eigentlich sollte es aufgrund der hochenergetischen Strahlung wie auch der Gezeitenkräfte der Galaxie nicht möglich sein, dass sich eine derart große Anzahl so junger Sterne in der direkten Umgebung zum supermassiven Schwarzen Loch befindet.

Ein Multi-Wellenlängenblick auf die Umgebung des supermassiven schwarzen Lochs SgrA* (gelbes X). Rot sind die Sterne, blau der Staub. Viele der jungen Sterne in dem Sternenhaufen IRS13 werden vom Staub verdeckt oder von den hellen Sternen überblendet.

In Zusammenhang mit der wurde zudem ein weiteres herausragendes Ergebnis publiziert. Zum ersten Mal wurde mit dem James-Webb-Weltraumteleskop (JWST) ein Spektrum, frei von atmosphärischer Störung, vom galaktischen Zentrum aufgenommen. Ein Prisma an Bord des Teleskops wurde am Institut für Astrophysik in der Arbeitsgruppe um Professor Dr. Andreas Eckart, einem Koauthor der Publikation, entwickelt. Das nun vorliegende Spektrum zeigt, dass sich im galaktischen Zentrum Wassereis befindet. Dieses Wassereis, welches sich häufig in den staubigen Scheiben um sehr junge stellare Objekte befindet, ist ein weiterer unabhängiger Indikator für das junge Alter einiger Sterne nahe des Schwarzen Lochs.

Neben dem unerwarteten Nachweis von jungen Sternen und Wassereis durch das JWST haben die Forscherinnen und Forscher um Dr. Peißker auch festgestellt, dass IRS13 eine turbulente Entstehungsgeschichte hinter sich hat. Die Studienergebnisse deuten darauf hin, dass IRS13 durch Reibung mit dem interstellaren Medium, Kollisionen mit anderen Sternhaufen oder interner Prozesse in Richtung des supermassiven Schwarzen Lochs wanderte. Ab einer gewissen Entfernung wurde der Sternhaufen dann von der Gravitation des Schwarzen Lochs „eingefangen“. Bei diesem Prozess könnte sich an der Spitze des Sternhaufens eine Bugstoßwelle aus dem Staub gebildet haben, der den Haufen umgibt – ähnlich wie bei der Spitze eines Schiffs im Wasser. Die damit verbundene Dichtezunahme des Staubs regte daraufhin weitere Sternentstehung an. Dies ist eine Erklärung, warum diese jungen Sterne vor allem in der Spitze bzw. Front des Sternhaufens zu finden sind.



Peißker weiter: „Denn neben IRS13 gibt es einen Sternhaufen, den sogenannten S-cluster, der sich noch näher am Schwarzen Loch befindet und ebenfalls aus jungen Sternen besteht. Sie sind ebenfalls deutlich jünger als es nach akzeptierten Theorien möglich wäre.“ Die gewonnen Erkenntnisse über IRS13 bieten in weiterer Forschungsarbeit die Gelegenheit, eine Verbindung zwischen der direkten Umgebung des Schwarzen Lochs und Regionen in mehreren Lichtjahren Entfernung herzustellen.

Dr. Michal Zajaček, Zweitautor der Studie und Wissenschaftler an der Masaryk-Universität in Brünn (Tschechien), fügt hinzu: „Der Sternhaufen IRS13 scheint der Schlüssel zu sein, um den Ursprung der dichten Sternpopulation im Zentrum unserer Galaxie zu enträtseln. Wir haben umfangreiche Beweise dafür gesammelt, dass sehr junge Sterne in der Reichweite des supermassereichen Schwarzen Lochs in Sternenhaufen wie IRS13 entstanden sein könnten. Dies ist auch das erste Mal, dass wir Sternpopulationen unterschiedlichen Alters – heiße Hauptreihensterne und noch junge entstehende Sterne – in dem Haufen so nahe am Zentrum der Milchstraße unterscheiden können.“


Diese Newsmeldung wurde mit Material der Universität zu Köln via Informationsdienst Wissenschaft erstellt.






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